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Besuch in der DDR


Heute möchte ich euch ein wenig über diverse Ausflüge in die Deutsche Demokratische Republik erzählen. Zwischen den Verwandten in der „Ostzone“ und uns, den Bundesdeutschen, herrschte ein reger Austausch von Briefen und Paketen. Besonders unsere Omi packte stets eifrig Päckchen, gefüllt mit Idee-Kaffee und sonstigen Leckereien, die man in der DDR nicht erwerben konnte. Im Gegenzug folgten mehrmals im Jahr Sendungen mit dem berühmten Salzwedeler Baumkuchen, der schon in den 60er Jahren für Otto Normalverbraucher schier unbezahlbar war.

Aber auch gegenseitige Besuche waren an der Tagesordnung. Während wir Wessis in einer mehrköpfigen Gruppe die Innerdeutsche Grenze überquerten, erhielten die lieben Verwandten von ihrem kommunistischen Staatsapparat überwiegend Ausreisegenehmigungen für eine einzige Person. Diese Maßnahme sollte den Rückreisewillen der Ausflügler stärken, wollten doch letztendlich alle ihre Familie wieder in die Arme schließen. Im allgemeinen führten wir mit dem Auto unsere Besuche durch, aber ich erinnere mich, als Sechsjähriger zusammen mit meiner Mutter und der drei Jahre jüngeren Schwester auch einmal mit dem Zug angereist zu sein. Meine Cousine erwartete uns schon voller Aufregung. Zum ersten versprach unser Besuch viele Geschenke, zweitens hatte sie in ihrer Schulklasse von dem bevorstehenden Besuch berichtet und ich war offiziell eingeladen, am nächsten Tag als Gast am Unterricht teilzunehmen. Das Klassenzimmer hatte das Flair der 1930er-Jahre und ich musste viele neugierige Fragen der anderen Kinder und der Lehrerin beantworten. Mit Wissen bezüglich des Lehrstoffs konnte ich dagegen nicht so glänzen.

Einige Dinge und Gerätschaften aus dem „Arbeiter- und Bauernstaat“ waren im Westen sehr begehrt, so schwor mein Vater beispielsweise als begeisterter Fischjäger auf das dort erhältliche Angelzubehör. Da er seine erworbenen Ruten schlecht über die Grenze bekam, ohne Gefahr zu laufen, hohe Einfuhrzollgebühren zahlen zu müssen, ließ er den Verwandten gelegentlich Geld zukommen, von dem diese dann das gewünschte kauften und via Postpaket zu ihm schickten. Eines Tages war von meinen Eltern wieder ein „Einkaufstrip“ nach Salzwedel geplant und mein Vater deckte sich mit reichlich Bargeld ein. Der Onkel „von drüben“ äußerte zudem den Wunsch nach einem Pornoheft, solch exklusive Lektüre konnte man damals in der DDR nicht erwerben. Mein Vater besorgte eines und steckte es in die Innentasche seiner Jacke. In der Regel wurde man vom NVA-Grenzposten direkt am Auto überprüft und abgefertigt, an diesem Tag bat man meinen Vater aber auszusteigen und dem Kontrollposten in die Baracke zu folgen. Dort sollte er seine Taschen leeren, was ihm natürlich den Schweiß auf die Stirn trieb. Bei der großen Summe, die er bei sich hatte, wären eine Anklage wegen Devisenschmuggel und womöglich eine Inhaftierung wahrscheinlich gewesen. Also leerte er vorausschauend zu erst die Tasche, in der sich das Pornomagazin befand. Die Grenzbeamten stürzten sich gierig auf das Schundheft, nahmen es an sich, ermahnten meinen Vater und wiesen ihn barsch an, seine Fahrt umgehend fortzusetzen. Merke, es war schon damals nicht verkehrt, zur rechten Zeit etwas Busen blitzen zu lassen...

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