Direkt zum Hauptbereich

Adventskalender - Jede Tür hat ihr Pläsier

Der Adventskalender, ein Zeitmesser, der die Wartezeit bis zum Weihnachtsfest verkürzen und die Vorfreude steigern soll. Aus einer lutherischen Sitte Deutschlands stammend, lassen sich die Ursprünge bis in die Mitte des 19 Jahrhunderts zurückverfolgen - der erste selbstgebastelte Adventskalender stammt vermutlich aus dem Jahr 1851. Seit wenigen Jahren findet man Adventskalender in der Vorweihnachtszeit auch als virtuelles Erlebnis im Internet, nicht selten verbunden mit Gewinnspielen, an denen auch ich regelmäßig teilnehme.

Ende des Jahres 2016 erhielt ich zwischen den Feiertagen via eMail eine Nachricht und was ich dort lesen konnte, versetzte mich in helle Aufregung. Bei dem Adventskalender zweier großer hannoverschen Tageszeitungen bin ich als einer von 24 Kandidaten für die Verlosung eines Autos bestimmt worden. Natürlich war die Freude groß, ich sah mich schon als stolzer Besitzer des roten Flitzers, standen doch die Chancen mit 1:23 gar nicht so schlecht. Die Gewinnermittlung war in einem bekannten Autohaus angekündigt, in dem jeder Teilnehmer einen Autoschlüssel erhalten sollte. Dessen Schlüssel ins Schloss passte, konnte künftig einen Opel Corsa im Wert von weit über 13.000 Euro sein Eigentum nennen.

Die nächsten Tage verbrachte ich mit Träumereien und wenige Tage vor dem Termin im Januar 2017 überkam mich eine starke Nervosität. Ich bemerkte, dass zur Verlosung Vollmond angesagt war, das war ein Zeichen, nun konnte nichts mehr schief gehen. Unter der Säufersonne habe ich schon große Erfolge verbuchen können, aber dazu ein anderes Mal dann ausführlich mehr.

Endlich war er da, der große Tag, also auf zum Bahnhof und nach Hannover. Es war noch etwas Zeit bis die S-Bahn fuhr und ich brauchte zur Beruhigung erst einmal eine Zigarette. Im nahe gelegenen Supermarkt erwarb ich eine Schachtel Nikotinstäbchen und vom Wechselgeld ein Rubbellos, das umgehend von mir bearbeitet wurde. Super, ich gewann 10 €, die positiven Vorzeichen häuften sich. Minuten später stand ich vor dem Fahrkartenautomaten und wollte gerade einen Beförderungsschein ziehen, als eine Dame mit Migrationshintergrund auf mich zu kam und mir eine aktuelle Tageskarte zusteckte. Sie gab mir zu verstehen, dass sie diese nicht mehr benötigte und bevor das Ticket verfällt, schenkt sie es mir. Ich war hocherfreut, 8,40 € gespart, das war das nächste Zeichen. Nun konnte ich wohl sicher mit dem neuen Kraftfahrzeug planen.

Pünktlich kam ich im Autohaus an. Statt der angekündigten Anzahl von 24 Kandidaten waren wir letztendlich nur 14 Teilnehmer, die Chancen stiegen also auf 1:13. Nach der obligatorischen Eigenwerbung die Pflicht. Es wurden Gruppenfotos gemacht, alle sollten wirken als hätten sie das Auto bereits gewonnen. Die Fotografin knipste was die Kamera hergab, im stehen, im hocken und auf einem Stuhl balancierend. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, das ständig angemahnte Lachen gefror zunehmend auf den Lippen. Dann endlich die Kür, als erstes durfte eine ältere Dame ihren Schlüssel wählen. Sie steckte ihn ins Türschloss des Opels und............. alle Gesichter wurden länger, er passte. Wir anderen Kandidaten gingen leer aus. Nicht einmal eine Schachtel Pralinen oder ein Strauß Blumen wurden als Trostpflaster an die von Moderator Christoph Dannowski im Vorfeld vollmundig als Tagessieger propagierten Enttäuschten vergeben. Ein äußerst trauriger Vorgang.

Doch als ich spätabends durchgefroren in den zärtlich tröstenden Armen meiner Süßen versank, wusste ich, dass ich den Hauptgewinn schon längst gezogen habe. 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

So dumm, dass mich die Schweine beissen

Viele Redewendungen, die regelmäßig in unseren täglichen Sprachgebrauch einfließen, begleiten uns seit hunderten von Jahren. Von etlichen dieser Sprichwörter ist die Herkunft und Entstehung bekannt, dafür sorgten unter anderem solch Koryphäen wie Dr. Wort oder der Erklär-Bär. Für die Wortfindung „so dumm dass ihn die Schweine beißen“ gibt es allerdings keinen allgemeingültigen Herkunftsnachweis, so dass ich in meinem Geburtsort lange Zeit als Synonym für diese Redewendung galt. Und das kam so... In den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts waren Hausschlachtungen noch weit verbreitet, auch meine Großeltern väterlicherseits praktizierten diese Art der Fleisch- und Wurstgewinnung. Die Schlachtungen waren für die Verwandtschaft immer große Feste, wurde doch im Anschluss daran groß aufgefahren und emsig geschlemmt, was man vorher eigenhändig mit Hilfe eines Metzgers an Wurst, Mett und Fleisch verarbeitet hat. Bei der letzten Hausschlachtung, an der ich persönlich teilnahm,

Die Wundertüte

In meiner Kindheit wurden aus finanziellen Gründen größere Wünsche selten erfüllt, wohl dem, der in den sechziger und siebziger Jahren gutbetuchte Verwandte hatte. Die hatten wir nicht, aber dafür einen organisierenden Onkel, Gott hab ihn selig. Er war ein höchst trinkfester, die Zigarettenmarke Reval Kette rauchender, sehr dicker Mann, darum verwundert es wohl nicht, dass er von allen Freunden und Verwandten „Dicker“ gerufen wurde. Von uns Kindern natürlich Onkel Dicker. Eine Zeitlang versuchte ich, diesen Spitznamen in Onkel Kleenex zu ändern, getreu der damaligen Werbung eines Küchentuchs, das da „Kleenex - Dick und Durstig“ lautete. Leider vergeblich. Onkel Dicker arbeitete seinerzeit auf dem Flughafen Hannover/Langenhagen in einer Frachtabfertigung. Es kam nicht selten vor, dass die ankommende Ladung beschädigt und es nicht mehr nachvollziehbar war, wo und wie diese Beschädigung überhaupt entstandenen ist. In diesen Fällen griffen Onkel Dicker und seine Kollegen gern mal zu