Der Mensch muss essen, um zu leben. In
den zehntausenden von Jahren, in denen sich die Menschheit vom
Gejagten zum Jäger entwickelte, spielte die Ernährung eine
übergeordnete Rolle. Zugegeben, der frühe Homo Sapiens war nicht
gerade wählerisch in der Auswahl seiner Speisen, er schluckte was er
bekommen konnte. Heutzutage ist das anders, jeder isst in der Regel
das, was ihm schmeckt. Zumindest in den wohlhabenden Ländern.
In meiner Kindheit war der Küchentisch,
an dem wir dem Essen frönten, nicht unbedingt stets üppig gedeckt.
Wir waren zwar nicht arm, aber mussten in den 1960er-Jahren doch mit jedem Pfennig
rechnen. Aus diesem Grunde wurde auch wenig bis gar nichts an
Nahrungsmitteln weg geschmissen, fast alles fand eine weitere
Verwendung. So entstanden aus gekochten Kartoffeln der Vortage meine Mutters
berühmt-berüchtigten „Gaumenkleber“, so nannten wir ihre
Kartoffelklöße. Altes Brot - in ein Schälchen zerbröselt, mit
Zucker überstreut und Caro Kaffee (Muckefuck) übergossen – diente
uns als süßes Frühstück. Eine Art von Dipp, den ich gelegentlich
noch heute und mit großem Appetit zu mir nehme, ist eine Komposition
aus Pflanzenöl, Senf und fein gewürfelten Zwiebeln, was bei uns zu
Pellkartoffeln gereicht wurde.
Aber alles in allem war ich, was das
Essen angeht, sehr mäkelig. So kam es schon mal vor, wenn ich mich
mal wieder weigerte eine Mahlzeit zu mir zu nehmen, dass mein Vater
mich samt dem vollen Teller in den Vorratskeller sperrte und mich
nicht hinaus ließ, bevor ich aufgegessen hatte. Meine Mutter schlich
sich dann von außen an das Kellerfenster und entsorgte den Stein des
Anstoßes auf dem hauseigenen Komposthaufen, so dass meine Zeit im
„Karzer“ - eine alte Bezeichnung für Arrestzellen – eher
begrenzt war.
Bis ich fünfzehn/sechzehn Jahre alt
war, konnte man mich nicht unbedingt als Gourmet bezeichnen. Mein
persönliches „Filet Mignon“ war ein mit Senf und Maggi-Würze
bestrichenes Butterbrot und meine hauseigene „Crème brûlée“ bestand aus
in Buttermilch aufgeweichten Brötchen. Ich habe es geliebt. Eines
Tages kam ein guter Freund namens Dagobert auf mich zu und berichtete
mir von einem Buch, dass er gerade las. Auch ich hatte diesen Roman
gerade erst der kleinen Bibliothek meiner Mutter entliehen und mit
Genuss gelesen. Der Hauptdarsteller jener Agentenerzählung, die den
Titel „Es muss nicht immer Kaviar sein“ trug, war ein
begeisterter Hobby-Koch und seine Rezepte begleiteten die Geschichte
vom Anfang bis zum Ende. Also beschlossen wir ein Rezept nach
zukochen und als Ort des Vorhabens wählten wir die Küche von
Dagoberts berufstätigen Eltern. Nach einigen Anläufen gelang uns
ein gar köstliches Mahl, unter anderem ein leckeres Paprikahuhn.
Mein Freund hatte danach eine ganze Woche lang Hausarrest, denn wir
plünderten nicht nur die Speisekammer seiner Eltern, sondern
hinterließen auch ein Schlachtfeld in der Küche. Eben passend zum
Roman, der schließlich während des 2. Weltkriegs spielte...
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